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Steirische Provinz mit morbidem Humor - ADAM und die Filme von David Lapuch
Bereits 2004 verwirklichte der 1987 in Graz geborene David Lapuch sein erstes Projekt und mit ADAM zehn Jahre später seinen Debütspielfilm. Der Film erzählt die Geschichte eines einsamen, depressiven Mechanikers, der sich auf einem Scheideweg befindet. Lapuchs Werke verbinden grotesken Humor mit morbider Atmosphäre – ein Markenzeichen, das dem österreichischen Film oft zugeschrieben wird. Nach einer Vielzahl an Festival-Teilnahmen gewann David 2023 mit CORNETTO IM GRAS den Diagonale-Preis für den besten Kurzspielfilm. Dieser ist gemeinsam mit KURZ NACH SCHALLING UNTERM BERG und DAS BILD IM HAUS nun als Kurzfilmprogramm bei uns verfügbar, und das kostenfrei. Im Interview gibt David Einblicke in seine Inspirationsquellen, den intensiven Entstehungsprozess von ADAM vor über zehn Jahren und seine enge Zusammenarbeit mit dem Stammensemble.
Passend dazu präsentiert der Cast von ADAM in unserer Kuratierung ihre persönlichen Lieblingsfilme aus dem KINO VOD CLUB. > HIER geht es direkt zu den Filmempfehlungen.
Dein Film ADAM handelt von einem einsamen, depressiven Mechaniker, der nach dem Tod seiner Mutter einen Brief von einem Mann aus Schweden erhält, der behauptet, sein Vater zu sein. Deine Filme sind grotesk und morbide, mit sehr viel Humor – Eigenschaften, die dem österreichischen Film oft nachgesagt werden. Welche Filme haben dich und deine Art Filme zu machen inspiriert und woher kommen die Ideen für deine Stoffe?
Das ist gar nicht mal so leicht zu beantworten. Es waren keine bestimmten Filme, glaube ich… Das Schreiben und Filme an sich haben mich von klein auf begeistert. Mich haben wohl Jean Claude Van Damme-Filme und Takeshi Kitanos Hana-Bi gleichermaßen geprägt – aber eben auf unterschiedliche Weise. Ich hatte eine VHS-Kassette mit einem Jurassic Park-Making-of-Video drauf, und das hat mich ähnlich fasziniert wie der Film selbst. Ich habe eine große Liebe fürs Arthouse, aber eben auch fürs Genre-Kino – und diese Welten miteinander zu verschmelzen, finde ich besonders spannend.
ADAM erschien vor mittlerweile über zehn Jahren. Wie ist es für dich, den Film heute anzusehen?
Es ist schwer zu beschreiben. Etwas surreal, dass wir das damals gestemmt und wirklich gemacht haben. Ich muss jedoch gestehen, dass ich mir lange gar nicht leichtgetan habe damit und mir den Film auch nicht oft angesehen habe im Laufe der Jahre. ADAM hat mir irrsinnig viel beigebracht und mich gleichzeitig eben auch ein Stück weit an meine Grenzen gebracht. So ein Projekt mit 25 zu stemmen und nahezu 30 Tage am Stück zu drehen und das quasi mit fast keinem Geld, aber schon mit dem hohen Anspruch, Kino zu machen… Ja, das geht schon an die Substanz. Da saß der Schmerz tief in den Knochen danach. Es gibt eben auch für mich zwei Zeitenrechnungen als Filmemacher: Die Filme, die ich vor und nach ADAM gemacht habe. Inzwischen kann ich aber sehr viel an dem Projekt wertschätzen und bin extrem dankbar für die Erfahrung – und stolz auf das, was wir hier abgeliefert haben.
Als Autodidakt hast du deinen Weg abseits klassischer Ausbildungsstätten wie der Filmakademie Wien eingeschlagen – ohne das Netzwerk, das solche Institutionen oft mit sich bringen. Wie hast du deinen Platz in der Filmwelt gefunden?
Ganz einfach über das Filmemachen. Über das Schreiben, das Drehen – und auch das Scheitern. Ich habe mich sehr früh mit der Grazer Szene vernetzt und erste Filme schon mit 17 gemacht. Dort habe ich dann auch den Kameramann von ADAM, Rafael Starman, kennengelernt und mit der Grazer Produktionsfirma HENX zusammengearbeitet, allen voran Vincent Seidl, der seitdem bei allen weiteren Projekten von mir hinter der Kamera stand. Ich habe das Arbeiten abseits einer Ausbildungsstätte auch immer ein Stück weit als geheime Stärke gesehen, weil man so eben auch aus einer Unbedarftheit oder Experimentierfreudigkeit heraus seinen eigenen Stil etablieren konnte. Ich würde es aber nicht unbedingt empfehlen – für mich war es einfach nie eine Option, weil ich parallel immer gearbeitet habe und das Filmemachen dazu die Leidenschaft in meiner Freizeit war.
Du arbeitest, sowohl hinter als auch vor der Kamera, immer wieder mit denselben Personen zusammen. Wie kam es damals zum Cast von ADAM und die nachhaltige Zusammenarbeit mit den Schauspieler:innen?
Der Cast von ADAM war auf der einen Seite die natürliche, weitere Zusammenarbeit mit vielen Schauspieler:innen, mit denen ich in den Jahren davor schon gearbeitet hatte: Matthias Ohner, Pia Hierzegger, Sebastian Reiß und Thomas Frank – der Main Cast stand sozusagen von Anfang an fest. Allgemein würde ich mich schon als Ensemble-Regisseur sehen… Ich arbeite einfach gerne mit vertrauten und liebgewonnenen Menschen zusammen und habe eine extreme Freude, wenn ich sie dann in eine neue Rolle schlüpfen sehen darf und überrascht werde, wenn sie völlig neue Facetten der jeweiligen Figur herauskitzeln. Etwas Schöneres gibt es für mich nicht.
Du hast DAS BILD IM HAUS, KURZ NACH SCHALLING UNTERM BERG und CORNETTO IM GRAS selbst als Kurzfilmtrilogie über die Leitmotive Liebe und Tod beschrieben. Kannst Du uns mehr zu der Verbindung der drei Filme erzählen, die wir nun als Kurzfilmprogramm zeigen?
Stimmt, ich hab das mal so lapidar gesagt – und dann hat sich das so manifestiert. Aber um wirklich ehrlich zu sein, hängen für mich eher KURZ NACH SCHALLING UNTERM BERG und CORNETTO IM GRAS zusammen. Bei diesen Filmen gehen die Liebe und der Tod einfach Hand in Hand. DAS BILD IM HAUS ist stilistisch und inhaltlich schon eine andere Arbeit und gewissermaßen mein Comeback zum Film überhaupt gewesen. Manche Themen überschneiden sich aber durchaus.
Gibt es mit deinem neuen Kurzfilm, den Du heuer drehst, dazu eine Fortsetzung?
Das wird der wahre Abschluss dieser Trilogie, glaube ich. Und soweit dann auch mein letzter Kurzfilm für eine Weile, schätze ich – jetzt brennt das Thema Spielfilm doch schon wieder tief unter den Nägeln. Jedenfalls hat der Film den Arbeitstitel „Frutti di Mare“. Es geht um „kleine“ Leben am Land, um große Gefühle, um Pizza mit Meeresfrüchten in einem Dorf ohne Meer. Und um den Versuch, ein Zuhause zu finden, das sich nicht wie Flucht anfühlt. „Frutti di Mare“ ist eine tragikomische Geschichte über Abschied, Zugehörigkeit und das schwierige Ankommen im eigenen Leben. Das wird ein toller Abschluss.
Erinnerst du dich an deinen ersten Kinofilm, in welchem Kino und mit wem Du warst?
Das müsste tatsächlich In der Arche ist der Wurm drin gewesen sein. So ein biblischer Zeichentrickfilm mit Holzwürmern, die in der Arche Noah leben. Es war Weihnachten und mein Papa ist mit mir und einem meiner Brüder ins Schubertkino in Graz gegangen, während meine Mama und die anderen Geschwister daheim die Bescherung vorbereitet haben. Ich kann mich nur noch ganz dunkel daran erinnern… Ich glaube jedoch nicht, dass mich dieser Streifen filmisch geprägt hat – das hoffe ich zumindest!
Danke David!
Im zweiten Teil unseres Beitrags übergeben wir das Wort an den Cast von ADAM und holen uns damit etwas Grazer Esprit ein. Die Schauspieler:innen und der für die Musik verantwortlich zeichnende Rainer Binder-Krieglstein stellen jeweils ihren Lieblingsfilm aus dem KINO VOD CLUB vor. Sie geben persönliche Einblicke in ihre Filmgeschmäcker und zeigen die Vielfalt des Programms – von Arthouse bis Genre. Eine kleine Einladung, die Filme aus neuen Perspektiven zu entdecken und die Gesichter hinter ADAM besser kennenzulernen. Gesichter, die wir in Davids Filmen immer wiedersehen.
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Thomas Frank – UTE BOCK SUPERSTAR Mehr Utes braucht das Land! Oder die Welt… Thomas Frank wurde 1980 geboren und aufgewachsen im idyllischen Waldviertel, lebt und arbeitet er seit mehreren Jahren in Wien als Schauspieler. Foto: Johanna Lamprecht |
Martina Poel – SPACE DOGS
Das dokumentarische Märchen der Reise des Weltraumhundes Laika zieht mich in seinen Bann. Er nimmt uns mit auf eine mythische Reise in die Vergangenheit und knallt uns gleichzeitig in die Realität. Martina Poel arbeitet als Casting Director, Acting Coach (on/off-set) und Schauspielerin und wurde in Graz geboren. Foto: Christian Stiendl |
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Matthias Ohner – DAS FINSTERE TAL Der Film erzählt für mich in sehr einfachen, klaren Bildern die alte, wichtige Geschichte von Macht und Härte, die auf Grund der Härte des Vaters nur durch seinen Mord zu beenden ist. Damit beißt die Erzählung, finde ich, auch treffend in die zeitgenössischen und gleichzeitig ewigen Fragen zwischen Frauen und Männern und ihrem Platz in der Gesellschaft.Matthias Ohner wurde in Fürstenfeld geboren, arbeitet seit 2000 als Schauspieler in Film und Theater. Foto: Matthias Ohner |
Alexandra Schmidt – BLUISH
BLUISH ist ein ästhetisch einzigartiger Film – der beobachten lässt und durch Details verzaubert. Der ohne Worte zu verschwenden Geschichten und Existenzen erzählt und gleichzeitig Freiraum für eigene Gedanken und Interpretationen lässt. Ein Film zum Hineinkippen und ganz drin Aufgehen. Alexandra Schmidt wurde in Graz geboren und lebt seit einigen Jahren in Wien. Sie ist freie Schauspielerin und Mitgründerin des Performance-Kollektivs „Das Planetenparty Prinzip“. Foto: Florian Köppl |
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Rainer Binder-Krieglstein – IN DER KASERNE
Der Film von Katharina Copony IN DER KASERNE gefällt mir, weil er für mich eine vollkommen andere Perspektive auf ein Geschehen zeigt, als ich erwartet hätte. Als mein älterer Bruder eben dort seinen Präsenzdienst geleistet hat, hat er mir viel vom Kasernenalltag erzählt. Mein inneres Bild von dieser Kaserne hat der Film dann komplett verschoben… Rainer Binder-Krieglstein ist ein österreichischer, aus Graz stammender Musiker, der unter dem Namen Binder & Krieglstein in Erscheinung tritt, was suggerieren soll, dass es sich um ein Duo handelt. Foto: Rainer Binder |
Auch David Lapuch selbst hat uns ausführlich seine Lieblingsfilme aus dem KINO VOD CLUB zusammengestellt.